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Schmerzengeld für Opfer einer gefährlichen Drohung

Erstellt von Dr.Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn | |   Aktuelles Recht

In früheren Entscheidungen sprachen Gerichte Schmerzengeld für seelische Schmerzen nur zu, wenn sie auch wirklich die Folge einer körperlichen Verletzung waren. Seit dem Jahre 2001 hat sich die Rechtsprechung weiter entwickelt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat seither mehrere Grundsatzentscheidungen getroffen und anerkennt grundsätzlich einen von einer Gesundheitsstörung losgelösten Schmerzengeldanspruch für die durch die Tötung eines nahen Angehörigen verursachten seelischen Schmerzen.
Es ist begrüßenswert, dass nun auch Opfern von Straftaten ein Schadenersatzanspruch zuerkannt wird, wie der folgende Fall zeigt:
Ein Nachbar drohte einer Frau und deren Angehörige mit dem Erschießen. Die Frau war derart verängstigt, dass sie sich mit ihren Kindern in die Wohnung zurückzog. Die ersten paar Tage nach den Drohungen schlief sie kaum. Das Opfer ließ sich jedoch nicht ärztlich behandeln, ging weiterhin zur Arbeit und wurde auch nicht „krank geschrieben“.
Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht anerkannte - nachdem das Gericht in erster Instanz die Ansprüche abwies - kürzlich unter Hinweis auf die neue Judikatur des OGH den Schmerzengeldanspruch. Dem Opfer einer gefährlichen Drohung steht demnach ein Schmerzengeldanspruch auch dann zu, wenn die Straftat keine Körperverletzung im engeren Sinn zur Folge hat. Das Berufungsgericht sprach daher Schmerzengeld zu.
Das in diesem Fall vom Gericht zuerkannte Schmerzengeld war zwar sehr bescheiden, dennoch kann diese Entscheidung richtungsweisend sein und zur Folge haben, dass Verbrechensopfer zumindest materiell eine Besserstellung erfahren. Diese Rechtssprechung ist auch im Zusammenhang mit der Rechtslage in anderen europäischen Staaten und den Empfehlungen des Europarates zur Vereinheitlichung der Rechtsbegriffe des Schadendersatzes zu sehen, wonach ein Ersatz des Seelenschmerzes bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz des Schädigers sehr wohl möglich ist.

Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn